Archiv der Kategorie: Europäisches Wirtschaftsrecht

Europarecht – Das EU-Patent kommt 2014

Nach über 40 Jahren Verhandlungen hat die EU ein neues einheitliches EU-Patent beschlossen. 24 Mitgliedsstaaten haben das Abkommen unterzeichnet. Das EU-Patent ersetzt die bestehenden nationalen Patentregelungen und soll Anfang 2014 in Kraft treten, sobald ein Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht ratifiziert ist.

Das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht wurde am 19. Februar 2013 durch 25 EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet. Es muss aber noch von mindestens 13 Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können. Zum Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht und die Satzung siehe das Dokument 16351/12, vom 11.01.2013 mit dem Stand zu den jeweiligen Ratifizierungsverfahren.

Bis zur Ratifizierung müssen Patentanträge beim Europäischen Patentamt (EPA) wie bisher eingereicht werden, welches zwar schon ein einheitliches Verfahren kennt – ein gewährtes Patent ist jedoch lediglich ein „Bündel“ nationaler Patente.

Das bisherige Verfahren ist nicht nur organisatorisch, sondern auch finanziell sehr aufwendig. Die Kosten für eine Patentanmeldung und Validierung liegen in den 27 EU-Staaten derzeit bei durchschnittlich 36.000 Euro und sind damit bis zu 60 Mal höher als in China. Das neue EU-Patent soll laut Angaben der Kommission nur noch 4.725 Euro kosten, weil sich die Übersetzungskosten als bisher größter Kostenfaktor wesentlich verringern.

Derzeit entscheiden nationale Gerichte und andere Behörden der EPÜ-Vertragsstaaten über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit europäischer Patente. In der Praxis führt dies zu einer Reihe von Problemen, wenn ein Patentinhaber in mehreren Ländern ein europäisches Patent durchsetzen möchte oder ein Dritter in mehreren Ländern den Widerruf eines europäischen Patents erwirken will: Hohe Kosten, die Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen und mangelnde Rechtssicherheit sind die Folgen. „Forum-Shopping“ ist ebenfalls unvermeidlich, denn Beteiligte versuchen, die Unterschiede in der Auslegung des harmonisierten europäischen Patentrechts durch nationale Gerichte und im jeweiligen Verfahrensrecht sowie in der Geschwindigkeit der Verfahren („langsame“ und „schnelle“ Gerichte) und der Zuerkennung von Schadenersatzzahlungen auszunutzen.

Das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht löst die vorgenannten Probleme durch die Einrichtung eines eigenständigen Patentgerichts („Einheitliches Patentgericht“ oder EPG) mit der ausschließlichen gerichtlichen Zuständigkeit für Streitigkeiten in Bezug auf europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung (einheitliche Patente).

Das Gericht erster Instanz besteht aus einer Zentralkammer (mit Sitz in Paris und zwei Außenstellen in London und München) sowie mehreren örtlichen und regionalen Kammern in den Vertragsstaaten. Das Berufungsgericht wird seinen Sitz in Luxemburg haben.

Nicht dabei sind Spanien, Italien, Bulgarien und Polen. Italien hat das Abkommen zwar unterzeichnet, will das EU-Patent jedoch nicht anwenden.

Die Patentanträge müssen in Deutsch, Französisch oder Englisch eingereicht werden.

Europarecht – TTIP – was halten Sie davon?

Europäische Kommission startet öffentliche Online-Konsultation über Investorenschutz in Transatlantischer Handels- und Investitionspartnerschaft

Das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, die sogenannte Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft kurz TTIP genannt, steht aktuell sehr in der Diskussion.

Unter anderem – aber nicht nur – ist seine Investor-Staat-Streitbeilegung ein Brennpunkt in diesem insgesamt sehr sensiblen Themenbereich, welcher auch erhebliche Auswirkungen auf alle nationalen Verbraucher haben wird.

Mit einer öffentlichen Konsultation ab dem 27. März 2014 will die Europäische Kommission auf die zunehmende öffentliche Debatte und die wachsende Besorgnis über die für die TTIP vorgesehene Investor-Staat-Streitbeilegung (Investor-to-State Dispute Settlement – ISDS) reagieren.

Informationen werden von der Kommission unter anderem in folgenden Links gegeben:

Fragen und Antworten: Öffentliche Online-Konsultation über Investorenschutz in Transatlantischer Handels- und Investitionspartnerschaft (MEMO/14/206), 27. März 2014

Zugang zu der öffentlichen Konsultation

Kurzdarstellung: Investitionsschutz und Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten in EU-Abkommen

In diesem Factsheet wird zusammengefasst, wie die EU die bestehenden Investitionsschutzregeln und das Investor-Staat-Streitbeilegungssystem zu ändern gedenkt.

Pressemitteilung: Handelsabkommen EU-USA: Kommission konsultiert europäische Öffentlichkeit zu Vorschriften über die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten, 21. Januar 2014

Weitere Informationen zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) (auf Englisch):

http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/

Öffentliche Konsultationen der GD Handel der Europäischen Kommission (auf Englisch):

http://trade.ec.europa.eu/consultations/

„Investitionsschutz gibt multinationalen Unternehmen keine unbegrenzten Rechte zur Anfechtung von Rechtsvorschriften“ – Erklärung des handelspolitischen Sprechers der EU, John Clancy, 20.Dezember 2013 (auf Englisch)

http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1008

European Commission – IP/14/292 27/03/2014

In diesem Blog möchte ich fundierte Stellungnahmen und Meinungen zu diesem Thema, das uns alle sehr betrifft, sammeln. Machen Sie bitte rege mit!

Eine intensive und umfassende Beteiligung bei diesen öffentlichen Konsultationen von allen interessierten EU-Bürgern und Verbraucher ist meines Erachtens sehr wünschenswert!!! Dieser Blog soll die Wichtigkeit dieses Themas unterstreichen und Konsequenzen beleuchten.

 

Europarecht – Vorschlag für Europäisches Kaufrecht

Das Europäische Parlament hat am 26.02.2014 dem Kommissionsvorschlag für ein Europäisches Kaufrecht mit großer Mehrheit zugestimmt. Kunden und Unternehmen sollen dadurch die Wahl erhalten,  sich anstelle der sonst geltenden unterschiedlichen nationalen Gesetze für einen europäischen Vertrag  entscheiden zu können.  Die Mitgliedstaaten müssen den neuen Regeln allerdings noch zustimmen.

 Verbraucher sollen sodann einfacher und sicherer in anderen EU-Ländern einkaufen können.

Englisches Recht – Englische Ltd. und die deutsche Insolvenz

Darf ein „director“ einer englischen Company Limited by Shares, kurz Ltd, nach den nationalen Regelungen zur deutschen Insolvenzverschleppungshaftung strafrechtlich verfolgt werden?

Eine Insolvenzantragspflicht eines “directors” wird unterschiedlich beurteilt. In der einschlägigen Literatur wird vetreten, dass es keine entsprechende Anwendung des § 64 GmbHG in Verbindung mit §§ 17, 19 InsO für einen „director“ wie für den Geschäftsführer geben kann, die ihn verpflichten würde, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich Insolvenz in Deutschland anzumelden, weil dieser Bereich dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen ist. Nach dem Gesellschaftsstatut und der Gründungstheorie ist für eine englische Ltd das englische Gesellschaftsrecht maßgeblich. Daher kann keine Pflicht bestehen nach § 15a und 17 InsO bei Zahlungsrückständen von mehr als 2 bis 4 Wochen eine Insolvenz anzumelden.

Diese Meinung fand Einzug in die Rechtsprechung, z.B. Amtsgericht Bad Segeberg, Urteil vom 24.03.2005, 17 C 289/04, welches Englisches Recht – Englische Ltd. und die deutsche Insolvenz weiterlesen